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Singen macht SINN

Die Wiederbelebung unserer SINNbezüge als Jahrhundertaufgabe

Was hat das mit Singkreisen zu tun? Lies diesen Beitrag, er könnte Dich überraschen!

 

Die großen aufeinanderfolgenden Zyklen, in denen sich die globale Wirtschaft und damit unmittelbar einhergehend die Zivilisation - also unsere menschliche Gesellschaft - seit dem 18. Jahrhundert enwickelt und geformt hat, werden unter Wirtschafts- und Sozialkundlern nach ihrem Entdecker als Kondratieff-Zyklen bezeichnet.

 

Sehr anschaulich und verständlich beschreibt diese Zyklen Frank Asbeck in seinem neuen Buch "Eine solare Welt". Das folgende Zitat ist aus diesem Buch. Es stammt also von einem Menschen, der vor mehr als zwölf Jahren ein Unternehmen gründete, welches 2009 die 1 Milliarde Euro-Umsatzgrenze überschritten hat, seit einigen Jahren börsennotiert ist, und dessen Vorstandsvorsitz er nach wie vor selber innehat.

 

"Die unerschöpfliche Vielfalt der Waren und Dienstleitungen erschöpft die Konsu­menten, die unter all diesen Optionen ständig wählen müs­sen. So haben Verkaufspsychologen etwa herausgefunden, dass Kunden vor einem Regal mit sieben Marmeladensorten deutlich zügiger und vor allem sehr viel öfter zugreifen als an­gesichts von vierzig oder fünfzig Varianten. Der Audiofreak mag sich vor der Anschaffung einer neuen Anlage wochenlang durch Dutzende Fach- und Testmagazine wühlen. Doch spä­testens der Vergleich von Mobilfunktarifen zeigt jedem, wo der Spaß des informierten Verbrauchers endet. Zumal dann, wenn uns selbst bei gründlich erwogenen Entscheidungen im­mer öfter das Gefühl beschleicht, das Beste dennoch verpasst zu haben. Daher ist es keine seltsame Paradoxie, wenn das in Umfragen immer wieder als beliebte Freizeitbeschäftigung ge­nannte »Shopping« zugleich immer öfter einen schalen Nach­geschmack hinterlässt.

Waren also alle bisherigen langen Konjunkturwellen dar­auf ausgerichtet, stoffliche oder strukturelle Knappheiten in der materiellen Produktion zu überwinden, so könnten wir diesmal vor einer ganz neuen Situation stehen. Mit der prin­zipiellen Überwindung der Knappheit von Gütern und Dienst­leistungen hat möglicherweise die Steigerung des materiellen Wohlstandes selbst ihren Grenznutzen erreicht.

Wenn aber die Mehrung des Glücks der Sinn wirtschaftli­chen Strebens ist, und so haben es alle Klassiker der Ökono­mie gesehen, dann folgt aus der Diagnose, dass mehr materi­eller Konsum offensichtlich keinen wesentlichen Zuwachs an Glück mehr spendet, im Prinzip folgender Therapievorschlag: Wir müssen größere Teile unserer wirtschaftlichen Ressourcen hin zu immaterieller Produktion und immateriellem Konsum umlenken. Und das heißt, in die Herstellung von Glücksgü­tern, die über die längste Zeit unserer Geschichte - aus der Perspektive materieller Knappheit - als netter, im Notfall aber verzichtbarer Überfluss galten: Kulturgüter. Denn wenn eine wachsende Zahl von Menschen keinen Sinn mehr darin findet, noch mehr Dinge zu kaufen und diese nach immer kürzerem Gebrauch wieder zu entsorgen, dann heißt die wirklich knap­pe Ressource unserer Zeit ja vielleicht: Sinn. Dieser Knappheit ist mit Technik nicht beizukommen.

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Gleichwohl spricht vieles dafür, dass die zweite Ba­sistechnologie des 21. Jahrhunderts erstmals keine Technolo­gie im eigentlichen Wortsinn mehr sein wird. Kunst, Literatur, Musik, Theater, Bildung, soziale Aktivitäten, Politik, Spiritua­lität, all das sind öffentliche, kommerzielle oder - ob und in welcher Form auch immer entgoltene - private »Dienstleistun­gen«, die älteste wie allerneueste Technologien nutzen. Der an­haltende Boom von Festivals, Livekonzerten, Lesungen, Stra­ßenfesten, Podiumsdiskussionen oder Kochkursen (oder Singkreisen, Anm.) signalisiert sogar, dass technische Medien wieder an Bedeutung verlieren könnten. Denn so wie Dichtkunst nicht mit Büchern oder Po­litik nicht mit Regierungsgebäuden identisch ist, lebt auch eine Kulturgesellschaft im Kern nicht von technischen Infrastruktu­ren. Sie lebt von Menschen, von deren Ideen und Fantasien - und von den sozialen Strukturen, in denen sie ihre Beziehungen gestalten. Diese weitgehend immateriellen Beziehungsgeflechte grundlegend zu modernisieren dürfte deshalb (Anm.: neben dem Umbau der Energiewirtschaft) die zweite große Aufgabe des 21. Jahrhunderts sein."

(zitiert aus: Frank H. Asbeck „Eine solare Welt“, Köln 2009, S. 116f., Hervorhebungen von mir)



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